Seltsame Lektüre


Ich suche ja ständig etwas zu Lesen.
Deshalb finde ich auch manchmal Sachen, die möchte ich gar nicht lesen. Also, irgendwie schon, weil ich mich an die fassungslosen Gesichter von umstehenden Passanten mit der Zeit so gewöhnt habe, dass ich es fast schon genießen kann, wenn sie mich anstarren, während ich versuche, meinen Lachkrampf zu überleben.

Es gibt aber auch (auf den ersten Blick) erheiternde Anblicke:

Was zu Lesen?

Was zu Lesen?

Was mir als Kaffeejunkie natürlich sofort auffällt, ist die total versaute Tasse auf dem Plakat. Was macht das olle Ferkel in seiner Küche? Die Tasse einen ganzen Monat lang nicht spülen? Pfuibah!
Ja, und Lesen? Da kann man doch höchstens die Brösel aus der Tasse lesen, aber informativ sieht das Ganze nicht aus. Ganz ehrlich, bei meinem Kaffeekonsum würde ich mir doch die lästige Bücherkauferei sparen, wenn auf Tassenböden Unterhaltsames oder Informatives zu finden wäre.

Aber spätestens, wenn man weiß, dass das Plakat auf einer gewissen, von mir öfters frequentierten Urlaubsinsel hing, als ich es fotografierte, dann weiß man mehr:

Es waren wieder einmal alle Kellnerinnenjobs im Tal vergeben, die Putzstellen sind mit Arbeit verbunden, aber es gibt ja all diese Touris der Marke „Schulmedizin? Ach, nein, ich brauche es ganzheitlich, und wenn ich schon einmal irrational bin, dann aber richtig!“.

Gut, ich gege es zu, ich wäre bei meinem schulmedizinischen Arzt wohl ziemlich beleidigt, wenn er versuchen würde, mich mit einem halben Stethoskop zu untersuchen. Das hat der aber noch nie gemacht. Und solange ich eine ganze Tablette bekomme, wenn ich sie brauche, ist mir das ganzheitlich genug, denn die Hauptsache am Kranksein ist, hinterher auch wieder ganz gesund zu werden, statt mir das nur halbwegs einzubilden.

Aber beim unserer freundlichen Kaffeetassenspülverweigerin geht es ja um andere Dinge:

Spirituelle Haus- und Geschäftsreinigung. Und die Chakren kriegt man gleich mitgeputzt. Kostet bloß extra.
Na, die Fenster zu putzen, wäre ja sinnvoller.
Sagte ich nicht schon, die ist bestimmt zu faul für einen ordentlichen Putzjob?

Man kann zwar Fenster mit Spiritus bequemer putzen als nur mit Wasser, aber mit Spiritualität und mit ohne Wasser? Ach, komm!

Die einzig gute Idee auf dem Poster ist „Loslösung alter Abhängigkeiten“: Ein so falsches Deutsch ist immer geeignet, mich zu erheitern.
Ginge es hier ernsthaft zu, müsste es doch heießen: „Lösen von alten Abhängigkeiten“, sich!

Aber wenn man sich von alten Abhängigkeiten loslösen will, dann sollte man mit den Relikten aus dem Mittelalter anfangen, nämlich mit der Abhängigkeit von Aberglaube, Irrglaube und jahrmarktähnlichen Abzockereien wie Kaffeesatzlesen und anderem Eso-Dingsbums.

Wie wäre es damit, einen Schulabschluss nachzuholen und einen anständigen Beruf zu lernen?
Unterwegs dahin kommt bestimmt die Erkenntnis, dass schmodderige Kaffeetassen nichts sind, was man auf Plakaten herzeigen müsste, weil der zufällige Beobachter zu dem Schluss kommen könnte:

Die ist zu blöd, eine Tasse ordentlich abzuspülen!

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7 Antworten to “Seltsame Lektüre”

  1. weltdeswissens Says:

    Aus Ihrer Tasse lese ich eine gewisse Aggressivität, Dr BuStä. Das und Sie hatten Ohrentorte. War wohl lecker, was?

  2. Cara Says:

    Ich teile den Eindruck der weltdeswissens, bis auf „Ohrentorte“, weil ich nicht weiß, was das ist.
    Kein bißchen besserwisserisch aber doch mahnend gebe ich zu bedenken, daß es zumindest ansatzweise unfair wäre, alle Fremdgläubigen in einen Topf zu werfen und diese dortselbst der ewigen Verdammnis entgegenköcheln zu lassen.
    Sollte man denn ebenfalls davon ausgehen müssen, daß jeder der Kommentatoren in den seltsam anmutenden Blogs zwangsläufig von ähnlich befremdlichem Wesen (vulgo : nicht ganz knusper ) sei, wie es dem erstaunten Betrachter erscheinen mag ?
    Die Antwort lautet:
    Ja.

    Mit einem fröhlichen „Horrido“ grüsse ich in die Runde!
    😉

  3. the rufus Says:

    Hach, den könnten wir doch alle nachholen einen Schulabschluss – ich bin gerade mitten drin …

  4. zentao Says:

    Liebe Fau Buchstäblich
    es gibt Menschen die haben eine Art Antenne für ihr Gegenüber, sagen wir mal diese Menschen sind Hellsichtig, wenn die jemandem aus dem Kaffeesatz oder auch aus den Tarotkarten lesen, dann brauchen die den Kaffesatz oder die Karten gar nicht, das ist immer nur ein Hilfsmittel. Ob die Person daran glaubt oder nicht, es ist immer wieder erstaunlich, was so eine Hellsichtige Person alles über das Gegenüber alles sagen kann. Klr es gibt auch Scharlattane, aber nicht jeder ist ein Scharlatan. Auch da gilt im Zweifel für den Angeklagten.Liebe Frau Buchstäblich; es gibt nicht nur Schwarz und Weiss, es gibt auch verschiedene Graustufen.
    Liebe Grüsse zentao

  5. buchstaeblich Says:

    1. Als gemeine Westfälin komme ich ohne Gemeinheit nicht aus.

    2. Ohrentorte (Someone left the cake out in the rain) ist immer gut.

    3. In der obigen Aufzählung kommen ja nur Fehl-, Irr- und Aberglauben vor.
    Und vom Loslösen hat die Kaffeesatzleserin angefangen, nicht ich. Denn so, wie jeder glauben darf, was er will, darf jeder über das, was andere glauben, glauben was er will.

    4. Die einzigen Hellsichtigen, die ich kenne, trugen ein Nachtsichtgerät, sahen die Welt aber auch eher in Graustufen, weil nachts alle Katzen so aussehen.

    5. Habe ich wohl vergessen, diese meine Worte zusätzlich in der Kategorie „Humor“ abzuspeichern, weil das vielleicht für die Indentifikation hilfreich gewesen wäre: Ich hole das jetzt mal sofort nach!

  6. weltdeswissens Says:

    @ 1. Ach, Sie tun doch nur so gemein 😉

    @ 5. Speichern Sie’s doch unter „Nicht ganz Knusper“, dann passt es auch zu der im Regen stehen gelassenen Torte.

    😀

  7. buchstaeblich Says:

    Nachtrag:

    6. Ich bin intolerant.
    7. Ich bin politisch unkorrekt.
    8. und das ist gut so.

    Nur, falls es irgendwer noch nicht mitbekommen hat!
    😀

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