Böllern darf man zwar erst in einigen Stunden, aber bollern – virtuelles zumindest – muss auch knappe elf Stunden vor dem Jahreswechsel erlaubt sein – Hofhunde müssen eben ihren Job machen, wenn Zeit dazu ist. Vor allem, wenn man erst heute dazu kommt, die Wochenanzeiger der letzten drei Wochen zu überfliegen, bevor man sie dem Altpapier übergibt.
Als mir der Münchner Wochenanzeiger, Ausgabe Bogenhausen, Nr. 50, in die Finger und mein Blick auf den Leitartikel fiel, erwachte mein innerer Hofhund und diktierte mir folgenden Offenen Leserbrief:
Unter der Überschrift „Geteilte Weihnachtszuckerl“ werden hier weihnachtliche Sonderzuwendungen verglichen – zwischen den entsprechenden Maßnahmen der Stadt München und der Gemeinde Unterföhring.
Katharina Knäußl vom Münchner Stiftungsamt mokiert sich darüber, dass das Unterföhringer Rathaus – wie seit rund 30 Jahren übrigens – Bürgern über 75 Jahren eine Weihnachtszuwendung in Höhe von 50 € zahlt, schwerbehinderten Bürgern eine solche in Höhe von 100 €, sofern diese sie jeweils abholen, bzw. abholen lassen.
In dem Artikel kommt auch der Unterföhringer Bürgermeister Franz Schwarz, SPD, zu Wort, der berichtet, dass dieses Jahr 23.000 € über die Seniorenbegegnungsstätte an die Ü-75-jährigen ausbezahlt wurden. Dazu kommen die Zuwendungen für Schwerbehinderte, die sich jeweils nach Aufrufen in den Aushangkästen im Rathaus melden können, ebenso wie die Auszahlungszielgruppe der Hartz-IV-Empfänger, auf die man das Zuwendungsprogramm habe erweitern können. Dies geht auf eine Entscheidung im Gemeinderat zurück, in dem alle Parteien gemeinsam arbeiten.
Knäußl wird im Anzeiger zitiert:
„Unterföhring scheint reich zu sein. Wir können kein Geld nach dem Gießkannen-Prinzip verteilen.“
Frau Knäußl, das stimmt: Unterföhring ist reich, aber nicht jeder Unterföhringer ist reich.
Und?
Tja, München hat also ein Stiftungsamt, und das verteilt 212.850 € Stiftungsgeld an 200 handverlesene Personen in München, Unterföhring zahlt an jeden Berechtigten, der es sich bei Frau Weiher in der Seniorenbegegnungsstätte abholt, bzw. im Rathaus den o. a. Betrag, weil ein umständliches Selektionsverfahren teurer käme als die hier bestehende Regelung.
Und? Was soll der Seitenhieb? Frisst hier wen der Neid, oder was? Kann Unterföhring etwas dafür, dass München sich dieses Verfahren nicht leisten kann? Kann Unterföhring dafür, dass Bogenhausen ein Vorort von München ist?
Sollen wir uns aus Solidarität eingemeinden lassen? Unsere knappe Viertelmilliarde auf der hohen Gemeinde-Kante würde dem Münchner Stadtsäckel auch nicht ermöglichen, dass München sich leisten können würde, was Unterföhrings Bürgermeister Schwarz mit insgesamt 35.000 € völlig zu Recht „ein Zuckerl zu Weihnachten“ nennt.
Äpfel lassen sich nicht mit Birnen vergleichen, und eine Gemeinde, die mal gerade auf den 10.000sten Bürger zumarschiert, nicht mit einer 1,5-Millionen-Bürger-Metropole. Bogenhausen mag zwar nahe an Unterföhring liegen, ein Altersarmutsproblem haben und von Unterföhringer Verhältnissen nur träumen können, aber hey: Bogenhausen ist ein Vorort von München, Unterföhring eine freie Gemeinde im Landkreis München – das sind doch recht verschiedene Schuhe, oder?
Meinetwegen kann sich Frau Knäußl im Namen von Bogenhausen auch darüber aufregen, wie ungerecht es ist, dass der Eiffelturm in Paris steht und nicht in Bogenhausen. Beschwerden hierüber wären aber ebenfalls eher in Richtung Münchner Rathaus angebracht als bei Herrn Delanoë in Paris, oder?
Wir können uns natürlich auch gemeinsam mit Rio de Janeiro vergleichen und beiderorts Solidaritätsfavelas anlegen.
Wer jammern will, der sollte sich mit Postleitzahlen auskennen: 85774 Unterföhring steht hier auf den Briefen. Nicht 8irgendwas München!!!
Aber – damit der Blutdruck oben bleibt:
Hier bei uns gibt es auch gebührenfreie Horte, Krippen und Kindergärten.