Wa(h)lkrampf


Liebe CSU,

ich bin ja neu hier in Bayern.

Da wirst Du sicher nicht nicht erwarten, dass ich nach nicht mal anderthalb Jahren meine westfälische Denkart abgelegt und durch bayrische solche ersetzt habe.

Die gemeine Westfälin – und eine solche bin ich – zeichnet sich dadurch aus, dass sie dann auch gerne mal einfach blöd fragt, wenn ihr etwas seltsam vorkommt. Meine armen neuen Nachbarn haben sich schmerzgekrümmt daran gewöhnt – die kennen das inzwischen.

So, und jetzt lese ich plötzlich, dass Du in München einen Stadtstrand haben willst.

Damit die Münchner im Sommer an der Isar liegen und sich sonnen können. Aha.

Liebe CSU, ich bin ja voriges Jahr im Frühling in Bayern eingefallen eingezogen, nicht wahr? Meine ersten sechs Monate habe ich sogar in München gewohnt, um Heimatkunde für Anfänger zu betreiben, um dann mit fliehenden Fahnen die Flucht zu ergreifen .

Was mir damals auffiel, war nicht nur, dass es schön ist, in einer Stadt mit Fluss zu sein, sondern dass die Bewohner dieser Stadt, solange es nicht junge Hunde schifft, sozusagen aus ihren Haustüren stürmen, um mit Sack und Pack und Radl und Grill oder nur mit einem Buch bewaffnet, die Isarufer zu belagern. Zum Glück ist München groß und die Isar lang, so reicht der Platz für alle, um sich mehr oder weniger (un-)bekleidet am und im Fluss zu tummeln.

Ich war, liebe CSU, sogar so beeindruckt, dass ich damals meine westfälische Freundin anrief, um ihr mitzuteilen: „Das ist der totale Hammer hier: München ist die Stadt mit dem größten Strand, die je darauf verzichtete, an einem Meer zu liegen!“.

Es stimmt, die Isarufer haben Kieselstrand, keinen Sand. Aber, liebe CSU, hast Du schon einmal darüber nachgedacht, dass die bayrischen Mütter sehr froh darüber sind? Kieselsteine panieren keine Kinder und Handtücher und schleichen sich nicht zuhauf in Schuhe!

Also, liebe CSU, warum willst Du den Münchnern etwas ermöglichen, das sie seit Jahrzehnten sowieso tun? Nämlich in der Freizeit an der Isar zu liegen.

Vielleicht verstehe ich das nicht, weil ich Westfälin bin. Ich wohne ja auch längst nicht mehr in München, sondern bloß in einer kleinen Gemeinde vor dessen Toren.

Gestern mittag war ich übrigens spazieren hier bei mir. An der Isar haben wir lange gesessen, und um uns herum so einige Leute aus dem Ort, die es sich am kieseligen Isarstrand haben gut gehen lassen.

Die sahen auch alle nicht so aus, als würden sie einen Strand vermissen, während sie an einem Strand lagen.

Aber hey, liebe CSU, ich habe da eine Idee für Euch: Warum beantragt Ihr für München nicht ein Meer?

Darin könntet Ihr Euch tümmlern tummeln. Und vielleicht wäre es dann hier bei uns am Feringasee wochenends nicht immer so voll, weil die Hälfte von München, die nicht an der Isar liegt, zu uns zum Schwimmen kommt.

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13 Antworten to “Wa(h)lkrampf”

  1. Schildmaid Says:

    Aha, die CSU versucht, das Sommerloch mit Sand aufzufüllen. Das ist ja ein Einfall schildbürgerischen Ausmaßes! 😀

    Die Idee mit dem Meer ist gar nicht schlecht. Da müssen die Münchener einfach nur in Ruhe den Klimawandel abwarten, dann klappt das mit dem Meer schon; ganz ohne Wahlk(r)ampf. :mrgreen:

  2. Michi Says:

    Geklaut! Alles geklaut! Diebe! Hamburger Ideen! Daher: ich fordere den Elbe-Isar-Kanal!

  3. buchstaeblich Says:

    Michi,
    sag sowas nicht so laut! Sonst kommt die CSU auf die Idee, den mal eben ganz transrapid zu bauen.

    Schildmaid,
    wir bauchen nur noch so ein paar tolle Ideen seitens der CSU und ein großes Loch, das wir mit den Lachtränen über die Christliche-Sentimentale Union füllen können, dann passt ’s scho‘!

  4. Michi Says:

    Keine Sorge. Erst einmal stellen sie ein Kanalmodell auf, wie das Transrapidmodell am FJS-Flughafen.

    Überhaupt dieser Name – wann heißen wir denn hier Ole-von-Beust-Airport, huh?

  5. buchstaeblich Says:

    Wenn Herr von Beust genausoviel auf dem Kerbholz angesammelt hat wie der Namensgeber vom Münchner Flughafen?

  6. Ansku Says:

    😀 😀 Ganz meine Meinung, wenn Hamburg sowas Feines hat, so Meer und Strand und so, dann können wir hier doch nicht hintenanstehen! 😀 Außerdem finde ich, man kann überarbeiteten und geschundenen Stadtmenschen doch nicht zumuten auf KIES zu liegen, während sie sich in der Sonne rösten lassen… tststs.

    (Ich glaube herausgelesen zu haben, dass wir ziemlich sehr nahe beieinander wohnen, zum Feringasee jedenfalls ist es von hier aus nicht weit. Das ist ja lustig. 🙂 )

  7. buchstaeblich Says:

    Auf Kies? Von Isomatten über Luftmatratzen, Liegestühle, Strandbetten, bis hin zu Liegen schleppen die Bayern alles an die Isar. Und freuen sich, dass bei Wind kein Sand aufweht, dass das ganze Zeugs sauberbleibt, dass kein Sand das mitgebrachte Essen auf den Zähnen zerknirscht …

  8. Michi Says:

    Das mit dem Kerbholz dürfte noch einige Zeit in Anspruch nehmen – er ist redlich bemüht, das Holz zu vermeiden.

    Und wer wird denn bitte schön der Landschaftsarchitekt für diesen Strand? Sicher wieder ein Norddeutscher. Siehste!

  9. buchstaeblich Says:

    Wenn wegen Norddeutschen der süße Senf auf der Weißwurscht knirscht, haben wir Euch dann aber nicht mehr lieb, so!

  10. Silencer Says:

    Die CSU hat leicht reden, die können so einen Strand ja auch ratz-fatz anlegen: einfach Mitglieder und Funktionäre zum Gruppenbild ans Isarufer bestellen – und dann alle bitten mal kurz den Kopf schief zu legen.

  11. buchstaeblich Says:

    Silencer,
    sag‘ denen das nicht auch noch vor: Die machen das!
    Die sind es gewohnt, Dinge zu tun, die einer ihnen befiehlt.

  12. vivi Says:

    Musste grinsen, als ich den Beitrag las. Ich bin auch aus Westfalen, mein Schatz ist nicht nur Bayer, sondern auch noch Mitglied dieses als Partei getarnten Heimatvereins, was ihn seit nun mehr 4 Jahren zum Ziel allerlei gemeiner Sticheleien meinerseits macht, und worauf ich nur gleichmütig zu höre bekomme, daran sei wohl die „rote Luft“ bei uns schuld, da könne man nichts machen. Aber einen Strand in der Stadt hätte ich denen garnicht zugetraut ….. 😉

  13. buchstaeblich Says:

    Vivi,
    die trauen sich das selber auch nicht zu. Über die Jahre hinweg hatten die Grünen wohl schon längst versucht, einen Stadtstrand zu installieren, aber sämtliche Versuche wurden abgeschmettert – weil diesen Strand keiner vor der Tür haben möchte – so ist es jedenfalls in dem Artikel des Merkur, den ich oben verlinkt habe, zu lesen!

    Aber wenn der Deine in der Christlich-Sentimentalen Union ist, dann wird es bei euch wenigstens nicht langweilig.

    Und Glückwunsch – auch an mich selbst, denn Du bist heute schon die 2. Boggerin mit Westfalenblut, die ich virtuell treffe.

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