Maria II: Illuminati


(Vorsicht: Dieser Artikel enthält schlimme Wörter!)

Eine weitere Kleinkunst, die die Träger der Individualistenuniform am Strand bei Marias Bar betreiben, ist das Experimentieren mit Illumination.

Wobei ich mich ernsthaft frage, ob das Spiel mit dem Feuerchen nicht schlagartig beendet sein dürfte, wenn die Spacken die Kindlein ein gescheites Wörterbuch in die Finger bekommen, das ihnen erläutert, dass Illumination nicht zwingend etwas mit Erleuchtung zu tun hat, sondern auch schlicht Beleuchtung bedeuten kann.

Der Verdacht liegt aber nahe, dass unsere Sonnenanbeter alle mit der Air Ber.lin herfliegen. Dort heißt es im Bordfunk wörtlich, dass man angeschnallt bleiben soll, solange die Anschnallzeichen erleuchtet sind! Wie lange muss so ein Anschnallzeichen eigentlich Ommm singen, bis es die Erleuchtung erlangt? Und wie kann es sein, dass die bloße Willkür eines Piloten genügt, der Erleuchtung den Garaus zu machen?
Aber vor allem stellt sich die Frage: Färbt die Erleuchtung der Lämpchen auf darunter sitzende Personen möglicherweise ab? Werden sie hierdurch bekloppt zu einem ganz kleinen Licht und schwenken sie deshalb bunte Leuchtkeulen am abendlichen Strand von La Gomera, auf dass sie von weitem betrachtet aussehen wie Glühwürmchen auf Speed?

Oder schämen sich die Bewegungslegastheniker eigentlich ihrer Körper so sehr, dass sie ihre Leibesertüchtigungsübungen im Schutze der Dunkelheit abhalten? Manche von ihnen trainieren ja sogar mit echtem Feuer – Taschenlampenbatterien sind auf La Gomera eben teuer – und ich gerate stets in Sorge ob dieses Anblickes. Das rührt her von meiner Hoffnung Angst, dass aus zwei kleinen Flammen möglicherweise beim nächsten unbedachten Schritt ein großes Feuer wird, das sodann hektisch in die Wellen rennt, um dort unter lautem Zischen zu erlöschen. Gomerisches Feuerwerk á la Abfackelamento!

Hoffentlich gibt es im Fernsehen bald eine neue Show: Gomerastars, das Casting!
Mit Detlef D. Werl und Niña Ennepetal in der Jury:
„Du, an Deiner Feuerschwenk-Choreo musst du aber schon noch arbeiten, da fehlt einfach noch der Soul!“, oder : “Du performst Dein Kacktus-Trommel-Intro aber sehr grobmotorisch – das groovt noch nicht genug!“

Der Sonderpreis für gomerianische Comedy geht in diesem Jahr aber mit Sicherheit an die beiden hanseatischen Seniorinnen, die neulich vor der Yaya-Bar Kaffee beim spanischsprachigen Kellner bestellten – natürlich auf 100 % Deutsch, mit Hanseaten-Dialekt: „Ich möchte Nescafé, koffeinfrei, aber in einer großen Tasse. Und ohne Milch. Aber eine Extraportion Milch dazu! Das haben wir auf Lanzarote auch immer so gekriegt! Die haben das schon immer vorbereitet, wenn sie uns nur kommen sahen!“
Letzteres glaube ich den Damen aufs Wort!

Doch besonders auffällig sind seit geraumer Zeit die vielen Dreiergruppen heterosexueller, sehr seriös aussehender Männer der Altersgruppe 50+. Sie zeichnen sich aus durch den stets suchenden Blick und stramm hochgezogene Socken. Man hat den Eindruck, sie hätten von den vielen frühpensionierten Lehrerinnen gehört, die sich hier unbemannt vom Töpferkurs erholen, in dem sie Hippies besichtigen.

Doch das Dilemma ist systemimmanent, denn genau diese Lehrerinnen flohen in der kalten Heimat vor den Gatten und Exgatten der Altersgruppe 50+ mit den Socken in den Sandalen. Sie haben ihre Studienräte, Ärzte und Ingenieure hinter sich gelassen und suchen hier nach langhaarigen Abenteurern mit Lederbändchen um den Hals. Lederbändchenträger poppen zwar auch nicht besser als der heimische Buchhalter, schmecken aber nach Meersalz statt nach Angstschweiß, wenn man es sich nur feste genug einbildet.

Angst haben die Lederbändchenträger nämlich nur vor Frauen, die mehr wollen als Poppen. Und vor Frauen, die nicht mehr wollen als Poppen.
Je nachdem, wer fragt.

Liebe Studienräte, Ärzte und Ingenieure:
Schenkt Euch doch einfach vor dem nächsten Urlaub den Gang zum Friseur! Der Weg zum Resteficken führt über Vueltas zum Lederbändchen kaufen. Zieht die Socken aus und kauft euch irgend etwas mit Batikmuster – dann klappt ´s auch mit der Sozialpädagogin!
Doch Vorsicht! Es empfiehlt sich, beim ersten Kennlerngespräch lässig den Namen Hermann Hesse einzuflechten und die Reaktion abzuwarten. Frauen über dreißig, die immer noch meinen, der Steppenwolf sei ein irgendwie total interessanter Typ, sind zwar garantiert beziehungsunfähig, können aber trotzdem kleben wie die Fliegenfänger!

Lederbändchenträger hingegen halten sich selbst gern für den Steppenwolf, oder wahlweise – ab 55 – für Hemingways Fischfänger aus Der alte Mann und das Meer.
Beides liegt aber an einer verschleppten Depression, die daher rührt, dass die Abenteurerspezies nach dem 11. Geburtstag einfach nicht aufhören konnte, Indianer zu spielen. Böse Zungen nennen dies das „Peter-Pan-Syndrom für Friseur-Verweigerer“. Es geht mit einem leichten Realitätsverlust einher, der unter anderem daher rührt, dass die Erkrankten glauben, am Abend der Sonne helfen zu müssen, den Weg ins Meer zu finden, in dem sie Anweisungen trommeln.

Mal im Ernst: Was würde geschehen, wenn die Trommelei unterbliebe? Würde die Sonne am Himmel hängen bleiben?

Und warum kommuniziert man auf so altmodische Art mit dem Himmelskörper, der sonst so gerne eine wichtige Rolle in Science-Fiction-Filmen spielt? Die Herrschaften Konsumverweigerer, die dem Friseurbesuch als Ausdruck des Spießertums abgeschworen haben, verabreden sich doch untereinander auch mit dem brandneuen Mobiltelefon per SMS zum Trommeln für Mutter Erde. Und sie treffen sich vor der Bar von Maria, weil auf Sylt und in Rimini die spießigen Sandburgen beim Trommeln stören. Auf La Gomera ist zum Glück alles anders: Hier sind die Strandburgen schließlich aus Kieselsteinen!

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3 Antworten to “Maria II: Illuminati”

  1. Silencer Says:

    Japs!
    Liege am Boden und kriege keine Luft mehr!

    Ja, ältere Herrn 50+ sind manchmal schon voll die Seuche. Zu Hause nix zu melden, aber mit den Kumpels Ausschau nach Fleisch halten.

    Wir sollten eine gemeinsame Serie draus machen: Komische alte Männer und Ihre Eigenarten.

  2. buchstaeblich Says:

    (hilft Silencer wieder hoch)

    Nanu, was nimmt dir denn die Luft: Doch nicht etwa das Alter?

    „Alt und komisch“ werden ist sowieso ein interessantes Projekt, obwohl der Begriff meiner Freundin Lakritze gehört.
    Aber komisch, alt und männlich – das könnte eine interessante Studie werden.

  3. Dr. Buchstaeblichs Worte zum Sonntag XVII « Buchstaeblich seltsam! Says:

    […] Sind Sie am Ende Bewegungslegastheniker? […]

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